Es gibt viele Varianten der Eigenbluttherapie, entsprechend herausfordernd ist die richtige GOÄ-Abrechnung. In ihrer einfachsten Form erfolgt nach der intravenösen Blutabnahme direkt und ohne Aufbereitung die subkutane oder intramuskuläre Reinjektion. Ohne Zweifel ist für diese Leistung insgesamt die GOÄ-Nr. 284 (Eigenbluteinspritzung einschließlich Blutentnahme) zu berechnen. Komplexere Formen der Eigenbluttherapie bieten jedoch in Bezug auf die GOÄ-Abrechnung durchaus Raum für Diskussionen.
Der aktuelle GOÄ-Ratgeber (siehe unten) wagt nun anhand des Beispiels der intraartikulären PRP-Injektion eine gebührenrechtliche Einordnung. Das genannte Beispiel ist insofern spannend, als im Gegensatz zur oben genannten klassischen Eigenbluttherapie einerseits eine Aufbereitung des Blutes erfolgt, andererseits die Reinjektion nicht subkutan bzw. intramuskulär, sondern intraartikulär erfolgt. Der GOÄ-Ratgeber stellt fest, dass die zahlreichen verschiedenen Formen der Eigenblutbehandlung alle unter die GOÄ-Nr. 284 zu fassen seien. Diese verschiedenen Formen umfassten Therapien mit verschiedenen Varianten der Aufbereitung, Therapien mit verschiedenen Formen der Rückgabe in den Körper, genannt werden Injektion und Infusion, sowie Therapien mit Injektion von Teilmengen des Blutes und/oder Injektion von Blut mit Zusätzen.
Das im GOÄ-Ratgeber angeführte Beispiel der intraartikulären PRP-Injektion zeigt jedoch anschaulich, dass die Berechnung der GOÄ-Nr. 284, selbst unter maximaler Ausnutzung des Gebührenrahmens (Faktor 3,5), für die intraartikulären PRP-Injektion nicht zielführend ist. Der Punktwertvergleich offenbart, dass allein die intraartikuläre Injektion (GOÄ-Nr. 255) mit 95 Punkten bereits höher bewertet ist, als die Eigenbluteinspritzung (GOÄ-Nr. 284) mit 90 Punkten insgesamt. Die Leistung der intraartikulären Injektion kann also nicht in der Leistung nach GOÄ-Nr. 284 enthalten sein.
Welche Ansätze gibt es nun, diesen Widerspruch aufzulösen?
Eine Landesärztekammer schlägt im GOÄ-Ratgeber vor, die intraartikuläre Injektion mit der GOÄ-Nr. 255 zusätzlich zur GOÄ-Nr. 284 in Rechnung zu stellen. Dies mag im dem beschriebenen Einzelfall eine pragmatische Lösung gewesen sein, dem offensichtlichen Missverhältnis gerecht zu werden. Aus gebührenrechtlicher Sicht lässt sich jedoch auch ein anderer Lösungsansatz argumentieren, den wir gerne in die Diskussion einbringen möchten.
So halten wir es für zielführend, aus dem oben dargelegten Punktwertvergleich die Schlussfolgerung zu ziehen, dass die GOÄ-Nr. 284 tatsächlich nur die oben genannte einfachste Form der Eigenbluttherapie meint. Für die intraartikulären PRP-Injektion mit vorangehender Blutabnahme und Aufbereitung läge somit eine Regelungslücke vor, die nach 6 Abs. 2 GOÄ mit einer einzigen analog berechneten Gebührenordnungsposition zu schließen wäre. Es ist jedoch nicht sinnvoll, an dieser Stelle eine Gebührenordnungsnummer für die Analogabrechnung vorzuschlagen, da sich die vielfältigen Therapieformen teilweise stark, insbesondere im Hinblick auf Kosten- und Zeitaufwand, unterscheiden können. Vielmehr obliegt es dem behandelnden Arzt, für die jeweils vorliegende Form der Therapie eine nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertige Leistung gewissenhaft auszuwählen. Gerne unterstützen wir hierbei. Dieser Ansatz ist aus unserer Sicht gebührenrechtlich überzeugend und ermöglicht zudem eine angemessene Honorierung.
Wie ist Ihre Position in dieser Abrechnungsfrage? Wie stellt sich diese Herausforderung in Ihrem Fachgebiet dar? Ihr Feedback und Ihre Rückfragen sind immer willkommen!
Dr. med. Markus Molitor
GOÄ-Ratgeber: Behandlung mit plättchenreichem Plasma und Hyaluronsäure
Dr. med. Stefan Gorlas, Deutsches Ärzteblatt 2022; 119(33-34): A-1427 / B-1192
Zwischen einer Ärztin als Patientin und einem behandelnden Orthopäden war die Abrechnung einer dreimaligen intraartikulären Injektionsbehandlung mit einer Mischung aus plättchenreichem Plasma und Hyaluronsäure bei Coxarthrose streitig. Es handelte sich um eine Verlangensleistung. Die Behandlung war von dem Orthopäden, neben dem Auslagenersatz für die Einwegfertigspritze, mit einem Ansatz der Nrn. 250 („Blutentnahme mittels Spritze …“) und 255 GOÄ („Injektion, intraartikulär …“) sowie einem analogen Ansatz der Nr. 792 GOÄ (Originäre Leistungslegende: „Ärztliche Betreuung eines Patienten bei Hämodialyse als Zentrums- oder Praxisdialyse …“, entsprechend 58,99 Euro) für das „Zentrifugieren“ berechnet worden. Die Patientin hatte im Rahmen des bei der zuständigen Landesärztekammer geführten Schlichtungsverfahrens vorgetragen, dass sie diesen analogen Ansatz für ein fünfminütiges Zentrifugieren von circa 8 ml ihres Vollblutes nicht akzeptieren könne.
Unstrittig war im vorliegenden Fall aufgrund der Herstellerangaben der Einmalfertigspritze, dass es sich um eine einfache und schnelle Aufbereitung des entnommenen Vollblutes in einem geschlossenen System handelte, mit welchem in kurzer Zeit durch simple Zentrifugationen 7 ml autologes Blut unter Nutzung einer Trenngelschicht in eine Fraktion mit Erythrozyten und eine weitere Fraktion mit Plasma/weißen Blutkörperchen aufgeteilt werden, wobei Letztere dann mit dem darüber liegenden, bereits in dem Röhrchen enthaltenen Hyaluronsäureanteil resuspendiert und anschließend dem betreffenden Patienten reinjiziert werden. Insofern war für diese Leistung inklusive der Blutabnahme der originäre Ansatz der Nr. 284 GOÄ („Eigenbluteinspritzung – einschließlich Blutentnahme“) als berechnungsfähig anzusehen.
Ein analoger Ansatz der Nr. 792 GOÄ kam gebührenrechtlich-formal nicht in Betracht, da analoge Ansätze gemäß § 6 Abs. 2 GOÄ nur für selbstständige ärztliche Leistungen, die nicht in das Gebührenverzeichnis aufgenommen sind, möglich sind, die Injektionsbehandlung mit dem Gemisch aus plättchenreichem Plasma und Hyaluronsäure jedoch über die Nr. 284 GOÄ in der GOÄ abgebildet ist. Dass es sich bei mit der Nr. 284 GOÄ berechnungsfähigen Leistungen ausschließlich um einfache subkutane oder intramuskuläre Eigenblutinjektionen, die keinerlei aufwendige Aufbereitung benötigen, handelt, konnte nicht bestätigt werden, da zahlreiche verschiedene Formen der Eigenblutbehandlung existieren, wobei das Eigenblut nicht nur reinjiziert, sondern je nach Behandlungsform auch reinfundiert wird. Teilweise werden auch nur Teilmengen des entnommenen Blutes reinjiziert oder dem entnommenen Blut Substanzen hinzugegeben mit anschließender Reinjektion beziehungsweise Reinfusion. Der durch die Zentrifugation etwas höhere Zeitaufwand der Eigenblutbehandlung wurde im vorliegenden Fall gemäß § 5 Abs. 2 GOÄ mit dem 3,5-fachen Steigerungssatz beim Ansatz der Nr. 284 GOÄ als berechnungsfähig angesehen, entsprechend einem Betrag von 18,36 Euro. Da die Injektion in das Hüftgelenk aufwendiger war als eine subkutane oder intramuskuläre Injektion, wurde im vorliegenden Fall die intraartikuläre Injektion als zusätzlich mit der Nr. 255 GOÄ berechnungsfähig beurteilt.
Quelle:
GOÄ-Ratgeber: Behandlung mit plättchenreichem Plasma und Hyaluronsäure, Dtsch Arztebl 2022; 119(33-34): A-1427 / B-1192